Kündigungsregelungen in Grundstücksnutzungsverträgen für Erneuerbare-Energien-Projekte

Grundstücksnutzungsverträge stellen die rechtliche Grundlage für die Flächensicherung bei der Errichtung von Windkraft-, Photovoltaik- oder sonstigen Anlagen im Bereich der Erneuerbaren Energien dar. Sie regeln die langfristige Inanspruchnahme privater oder öffentlicher Flächen durch Projektentwickler. Eine rechtssichere und praxistaugliche Gestaltung der Kündigungs- und Rücktrittsregelungen ist entscheidend – sowohl zur Wahrung der Projektstabilität als auch zum Schutz der Interessen der Grundstückseigentümer. Der BGH schafft in seinem Urteil vom 12.03.2025 (Az. XII ZR 76/24) dahingehend nun Rechtssicherheit.  

1. Typische Gestaltung und Laufzeit

Nutzungsverträge für Erneuerbare-Energien-Projekte werden regelmäßig als Pacht- oder Mietverträge ausgestaltet (je nach vereinbarter Gegenleistung), mit vertraglichen Laufzeiten von 20 bis 30 Jahren, gerechnet ab Inbetriebnahme der Anlage. Sie enthalten typischerweise eine aufschiebend bedingte Laufzeitregelung: Der Vertrag tritt sofort in Kraft, die feste Laufzeit beginnt jedoch erst mit Eintritt eines bestimmten Ereignisses (z. B. Inbetriebnahme der ersten Windenergieanlage, Inbetriebnahme der PV-Anlage). Dieses Ereignis kann jedoch oft nicht verlässlich vorausgesagt werden, da es von externen Faktoren außerhalb der Sphäre der Parteien abhängt.

2. Ordentliche Kündigung

Gemäß § 542 Abs. 1 BGB ist ein Miet- oder Pachtverhältnis grundsätzlich ordentlich kündbar, sofern es sich nicht um ein befristetes Mietverhältnis im Sinne von § 542 Abs. 2 BGB handelt. Das BGH-Urteil konkretisiert hierzu:

- Wenn die Parteien den Beginn der festen Vertragslaufzeit von einem ungewissen Ereignis abhängig machen, liegt bis zu dessen Eintritt kein befristetes Mietverhältnis, sondern ein unbefristetes Vertragsverhältnis unter einer aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) vor.

- Dieser unbefristete Zeitraum ist grundsätzlich ordentlich kündbar, es sei denn, das Kündigungsrecht wird ausdrücklich oder konkludent ausgeschlossen.

Im konkreten Fall hat der BGH einen konkludenten Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts bis zum Baubeginn bejaht. Maßgeblich war die vertragliche Systematik: Neben einer Rücktrittsklausel bei ausbleibender Genehmigung war nur die außerordentliche Kündigung geregelt. Dies sprach für eine abschließende Regelung der Beendigungsmöglichkeiten. Eine freie Kündbarkeit hätte zudem den Vertragszweck (Realisierbarkeit des Projekts) konterkariert.

3. Außerordentliche Kündigung

Die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund ist in nahezu allen Grundstücksnutzungsverträgen vorgesehen (§ 314 BGB). Als wichtige Gründe gelten regelmäßig, aber nicht abschließend:

- erhebliche oder wiederholte Pflichtverletzungen (z. B. Zahlungsverzug),

- endgültige Versagung der Genehmigung,

- grobe Vertragsverstöße,

- Insolvenz oder Wegfall der Geschäftsgrundlage.

4. Zulässigkeit von Kündigungsausschlüssen in AGB

Der BGH hält auch formularmäßige Kündigungsausschlüsse für wirksam, wenn sie zeitlich befristet und beiderseitig sind. Das Urteil vom 12.03.2025 führt weiter aus, dass der (konkludente) Kündigungsausschluss während der Planungsphase den Eigentümer nicht unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 BGB), da:

- der Eigentümer das Grundstück weiterhin nutzen kann,

- die Wartezeit durch ein Rücktrittsrecht begrenzt ist,

- ein berechtigtes Interesse des Projektierers an verlässlicher Flächensicherung besteht.

5. Praxishinweise

Das Urteil stärkt die Rechtssicherheit für Projektierer: Solange Rücktrittsrechte, Kündigungsmöglichkeiten und Laufzeitregelungen klar und systematisch geregelt sind, ist ein Ausschluss der ordentlichen Kündigung in der Projektierungsphase wirksam und kann sogar als konkludent vereinbart angesehen werden.


Grundstückseigentümer sollten sich der langfristigen Bindungswirkung bewusst sein und bereits bei Vertragsschluss prüfen (lassen), in welchen Fällen sie sich vorzeitig vom Vertrag lösen können.

 

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