Novelle des Stromsteuergesetzes und der Stromsteuerverordnung – Anlagenzusammenfassung
Foto(s): ChatGPT, urheberfrei
Mit dem Referentenentwurf zum Dritten Gesetz zur Änderung des Energie- und Stromsteuergesetzes vom 23. Juli 2025 werden zahlreiche Anpassungen im Stromsteuerrecht vorgeschlagen, die eine Reaktion auf das Auslaufen des Strompreispaketes zum Januar 2026 sowie auf die aktuellen Entwicklungen im Energierecht – insbesondere im europäischen Recht - darstellen.
Änderung des Anlagenbegriffes – Aufgabe der standortübergreifenden Anlagenzusammenfassung
Derzeitige Rechtslage
Grundsätzlich gelten mehrere unmittelbar miteinander verbundene Stromerzeugungseinheiten an einem Standort als eine Anlage Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 3 Stromsteuergesetz (StromStG) zur Stromerzeugung, § 12b Abs. 1 Stromsteuer-Durchführungsverordnung (StromStV). § 12b Abs. 2 StromStV enthält in seiner derzeitigen Fassung eine Regelung unter dessen Voraussetzungen Stromerzeugungseinheit an unterschiedlichen Standorten als eine Anlage zur Stromerzeugung im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG gelten (Anlagenverklammerung bei dezentraler Stromversorgung). Dies ist dann der Fall, wenn eine zentrale Steuerung über die einzelnen Stromerzeugungseinheiten erfolgt und der erzeugte Strom zumindest teilweise in das Versorgungsnetz eingespeist werden soll.
Relevanz des Anlagenbegriffes
Der Begriff der „Anlage“ im Sinne der StromStV ist von besonderer Relevanz, da er in der Praxis maßgeblich bestimmt, welche technische Einheit überhaupt als Anlage im Sinne des Stromsteuerrechts gilt und in welchem Umfang Steuerbefreiungen, -ermäßigungen und-entlastungen gewährt werden können. So knüpfen die Steuerbefreiungstatbestände des § 9 StromStG unmittelbar an den Begriff der „Anlage“ an. Ferner ist für die Einhaltung der Leistungsgrenzen (zB. 2 MW nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG) und dem Zugang zu einer Steuerbefreiung maßgeblich, ob es sich um eine einzige Anlage oder um getrennte Anlagen handelt. Über den Anlagenbegriff wird des Weiteren der räumliche Zusammenhang definiert, welcher beispielweise bei der Einordnung des Verbrauchs von Strom als solcher zur Eigenversorgung eine Rolle spielt.
Geplante Änderung
Mit der geplanten Neufassung von § 12b Abs. 1 StromStV soll ein einheitlicher vereinfachter Anlagenbegriff für das gesamte Stromsteuerrecht geschaffen werden, sodass eine bloße Begrenzung des Begriffes für die Zwecke des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG entfällt und eine komplexe Prüfung des Anlagenbegriffes entbehrlich wird. Eine Anlage ist demnach nunmehr ein Verbund aus technischen Komponenten, mit dem der Energiegehalt von Energieträgern in elektrischen Strom umgewandelt wird. Neben einzelnen Stromerzeugungseinheiten sollen auch mehrere Stromerzeugungseinheiten an einem Standort unter bestimmten Voraussetzungen als eine Anlage gelten. Erforderlich ist dafür, dass sie von derselben Person betrieben werden. Betreiber im stromsteuerrechtlichen Sinne ist dabei die Person bzw. die kleinste rechtlich selbstständige Einheit, die unter Nutzung der zur Stromerzeugungsanlage gehörenden Stromerzeugungseinheiten (insbesondere zum Beispiel des Generators) entweder selbst oder durch von ihr abhängiges Personal Strom tatsächlich erzeugt und damit die unmittelbare Sachherrschaft über den erzeugten Strom ausübt. Dabei kann die Anlage stets nur von einer Person bzw. Einheit betrieben werden. Ferner werden Fallgruppen hinsichtlich der Energieträger unterschieden. Für die Anlagenzusammenfassung werden zudem zwei Sachverhalte unterschieden: auf der eine Seite stehen Anlagen, bei denen die netto erzeugte Strommenge entweder vollständig oder teilweise vor Ort selbst oder ohne Nutzung des Netzes von Dritten verbraucht wird und gegebenenfalls ein Teil des erzeugten Stroms in das Netz er allgemeinen Versorgung gespeist wird. Auf der anderen Seite stehen solche Anlagen, bei denen die netto oder brutto erzeugte Strommenge in das Netz der allgemeinen Versorgung oder eine gemeinsame Direktleitung eingespeist wird.
In der neuen Fassung des § 12b StromStV werden ferner die derzeitigen Absätze 2 und 3 gestrichen, was zu einer Aufgabe auf die Anlagenzusammenfassung an unterschiedlichen Standorten führt. Der Gesetzgeber erachtet die derzeitige Regelung aufgrund der Notwendigkeit, Stromerzeugungsanlagen, Wärmepumpen sowie Ladestationen ohnehin fernsteuern zu müssen als überholt. Ferner dient die Aufhebung der Zusammenfassung der Anlagen an verschiedenen Standorten dem Bürokratieabbau. Jede Stromerzeugungseinheit an einem anderen Standort gilt künftig eigenständig als Anlage im Sinne der StromStV. Eine Zusammenfassung aufgrund zentraler Steuerung, EEF-Fernsteuerbarkeit oder gemeinsamer Einspeisung ist nicht mehr vorgesehen.
Ausblick
Die Neuregelung des § 12b StromStV führt für Betreiber vom Stromerzeugungs- und Speicheranlagen zu mehr Rechtssicherheit durch die klare Vorgabe von technischen Abgrenzungskriterien sowie eine einheitliche Auslegung durch die Verwaltung und Gerichte.
Praktisch wirkt sich die Aufgabe auf die Anlagenzusammenfassung in der Weise aus, dass die 2 MW-Grenze für die Steuerbefreiung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG pro Standort geprüft wird und der räumliche Zusammenhang nur noch innerhalb einer einzelnen Anlage greift. Dies führt zu einem gesteigerten Verwaltungsaufwand, sodass beispielsweise Anmeldungen, Entlastungsbeträge und Nachweise für jede Anlage separat geführt werden müssen. Umgekehrt können die Steuerbefreiungen des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG nunmehr für mehrere Anlagen in Anspruch genommen werden. Wird unter derzeitiger Rechtslage die Schwelle der Leistungsgrenze von 2 MW für die Stromerzeugungseinheit an einem Standort erfüllt, im Wege der Anlagenverklammerung allerdings überschritten, wird eine Steuerbefreiung gänzlich versagt. Die geplante Änderung des § 12b StromStV führt dazu, dass die Stromerzeugungseinheiten separat betrachtet werden und Steuerbefreiungen bei Unterschreiten der Leistungsschwelle jeweils für jede Stromerzeugungseinheit gewährt werden können. Trotz der gesonderten Verwaltung der einzelnen Stromerzeugungseinheiten ergeben sich daher weitreichende wirtschaftliche Vorteile für Anlagenbetreiber.
Weitere geplante Änderungen
Neben dieser Änderung enthält der Referentenentwurf weitere für die Energiewirtschaft relevante Punkte:
Neuer § 5a StromStG: Klare steuerliche Regelung für Ladeinfrastruktur und bidirektionales Laden.
Verstetigung der derzeit bis Ende 2025 befristeten Steuerentlastung für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes und der Land- und Forstwirtschaft bis auf den EU-Mindeststeuersatz
Erleichterungen für Speicherbetreiber: Wegfall der Pflicht zur Angabe des Nutzungsgrads in § 12d StromStV.
Fazit
Die geplanten Änderungen des StromStG sowie der StromStV verfolgen den Zweck der Vereinfachung und des Bürokratieabbaus. Sie können für Betreiber vom Stromerzeugungs- und Speicheranlagen weitreichende wirtschaftliche Folgen mit sich bringen. Hervorzuheben ist insbesondere die Möglichkeit der Steuerbefreiung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG für mehrere Anlagen an verschiedenen Standorten durch das Entfallen der Anlagenverklammerung. Die geplante Neuregelung ist daher insgesamt zu begrüßen. Der Entwurf zur Änderung des Energie- und Stromsteuergesetzes befindet sich gerade in der Verbändeanhörung. Weitere Änderungen sind daher jederzeit möglich und werden von unserem erfahrenen Team im Energie- und Stromsteuerrecht verfolgt. Das Inkrafttreten der Änderung ist zum 01.01.2026 geplant.